Der Aufstieg ist drin, aber noch nicht dran

von Alexander Hiller, Sächsische Zeitung

Der TC Blau-Weiß Blasewitz könnte den Durchmarsch in die 2. Bundesliga schaffen, doch der Verein will seine Talente in Ruhe entwickeln.

Im Grunde genommen könnte die Stimmung bei den Tennis-Damen des TC Blau-Weiß Blasewitz durchaus etwas euphorischer sein. Nach fünf von sieben Spieltagen in der Regionalliga Südost können die Liganeulinge (6:4 Punkte) von Trainer Tomas Jiricka theoretisch immer noch vom direkten Durchmarsch in die 2. Bundesliga träumen. Trotz der 2:7-Niederlage gestern im ersten Heimspiel der Saison gegen Schwaben Augsburg.

Doch die Einschränkung deutet es an: Es wird eine Theorie bleiben. Ganz unabhängig vom eigenen sportlichen Abschneiden. Der Grund klingt nachvollziehbar, ja vernünftig. „Wir wollen unseren Eigengewächsen aus dem eigenen Nachwuchs noch Zeit für ihre persönliche Entwicklung geben“, sagt Teammanager Sven Grosse. „Ein Aufstieg in die 2. Bundesliga käme viel zu früh. Zudem werden wir wie üblich nach der Saison ausloten, ob das Leistungspotenzial dazu auch vorhanden ist“, betonte er. Nach dem Aufstieg aus der Ostliga stehen mit Emily Welker (14), Lina Lächler (15) und Marlene Herrmann (16) drei blutjunge Talente im Regionalligaaufgebot. Und werden an den letzten beiden Spieltagen jeweils vor heimischem Publikum sicher ihre Chancen bekommen.

„Wenn wir den Aufstieg ernsthaft in Erwägung ziehen würden, hätten wir auch gestern in Bestbesetzung gespielt“, sagte Grosse. Also mit vier, anstatt wie gestern mit drei ausländischen Profis. Stattdessen durfte die etatmäßig spielstärkste Blasewitzer Athletin – die 20-jährige Rumänin Irina Bara – eigene Interessen verfolgen, sprich: Ein Einzelturnier spielen. Mit Erfolg. Die aktuelle Nummer 389 der Weltrangliste hat das mit 10 000 Dollar Preisgeld dotierte ITF-Weltranglistenturnier in Antalya gestern als Siegerin beendet. Im Finale setzte sich Bara gegen die sechs Jahre ältere Maria-Fernanda Alvarez-Teran aus Bolivien mit 6:7, 6:1, 6:0 durch. Blasewitz will wohl nur noch das abschließende Heimspiel gegen Grün-Rot Weiden (21. Juni) in der „Galaformation“ bestreiten.

Baras Klubkolleginnen richten sich derweil auf eine weitere Saison in der dritthöchsten deutschen Spielklasse ein. Und das durchaus mit Wohlwollen. „Wir jungen Spielerinnen eilen ja in der Regionalliga nicht gerade von Sieg zu Sieg“, sagte die 16-jährige Marlene Herrmann und will damit ausdrücken, dass sich die jungen Sächsinnen selbst noch nicht so recht für konkurrenzfähig halten. „Jedes Spiel in der Regionalliga bringt uns einen Schritt nach vorn. Ich kann da jede Menge Erfahrung sammeln“, betont die Schülerin des Sportgymnasiums Dresden. Deren gestrige Kontrahentin Tereza Krausova war beispielsweise 18 Jahre älter. Und Herrmann spricht laut aus, woran alle denken: „Wir jungen Spielerinnen würden in der 2. Bundesliga wahrscheinlich richtig abgewatscht werden“, sagt sie. Diese womöglich konstanten Negativerlebnisse sollen den Dresdner Nachwuchsspielerinnen erspart bleiben. Und zugleich der Lerndruck in der Regionalliga erhöht werden. „Zunächst müssen sich auch alle professionell verhalten“, sagt Teammanager Sven Grosse. Damit rügt er ein Talent, das zum gestrigen gemeinsamen Frühstück, 9 Uhr im Vereins-Restaurant, beinahe eine halbe Stunde zu spät kam. Den Namen will der Anwalt nicht nennen. „Aber es wird teaminterne Konsequenzen geben“, räumt er ein.

Vereins-Präsident Michael Stephan will im Fall der sportlichen Qualifikation für die 2. Bundesliga einen tatsächlichen Sprung in die zweithöchste Spielklasse noch nicht ganz ausschließen. „Darüber müssen wir uns noch genau abstimmen“, sagt er. Doch auch er hält eine oder zwei weitere Spielzeiten in der Regionalliga für sinnvoller. Immer mit Blick auf die gesunde Aus- und Weiterbildung des eigenen Nachwuchses. „Finanziell wäre das kein so großer Unterschied“, glaubt Stephan. Zumal die Blasewitzer Männer ja ebenfalls in der 2. Bundesliga spielen.

„Aber“, unterstreicht Trainer Tomas Jiricka, „wir wollen den jungen Leuten Zeit geben. Der Schritt in die 2. Bundesliga wäre sportlich ein gewaltiger. Dafür sind sie noch nicht bereit.“ Doch die Vereinsmacher haben bereits eine genaue Vorstellung, wann die Eigengewächse ihre Zweitligatauglichkeit erreicht haben sollen. „Wenn Marlene und Lina ihr Abitur gemacht haben, sollten sie sportlich so weit sein“, sagte Blau-Weiß-Präsident Michael Stephan. Also in zwei bis drei Jahren darf man im Waldpark mit einem Zweitliga-Team der Frauen rechnen. (mit bec)

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