Der Spagat zwischen Profi-Anspruch und Talente-Förderung

Der TC Blau-Weiß Blasewitz verordnet seinem Frauen-Team in der Regionalliga eine Frischzellenkur mit Eigengewächsen. Von der Mischung profitieren alle – bislang.

von Alexander Hiller, Sächsische Zeitung

Wenn man den Begriff Weltspitze ein bisschen weiter fasst, kann man ihn durchaus im Zusammenhang mit dem Waldpark in Blasewitz nennen.

Dort versucht das Frauenteam des TC Blau-Weiß gegenwärtig, den Spagat zwischen anspruchsvollem Profi-Tennis und der Förderung der eigenen Talente zu meistern. Für die neue Saison in der Regionalliga Südost, der dritthöchsten Spielklasse also, stellte Team-Manager Sven Grosse eine Mannschaft aus Weltranglisten-Spielerinnen und den hoffnungsvollsten Nachwuchs-Athletinnen zusammen. Hier die Rumänin Irina Maria Bara, derzeit auf Platz 337 der Weltrangliste oder die Armenierin Ani Amiraghyan (22/598.) – und da Marlene Herrmann (18), Lina Lächler (16) und Emily Welker (15), die Nummern 110, 260 und 332 – allerdings in Deutschland. Nur 13 deutsche Tennisprofis stehen in der Weltrangliste vor Irina Maria Bara.

Bewusste Entscheidung pro Talente

 

Dass es da innerhalb des Regionalliga-Teams große sportliche Unterschiede gibt, versteht sich von selbst. „Wir wollen an jedem Spieltag wenigstens drei unserer Talente im Einzel aufbieten“, sagt Grosse. Sechs Einzel werden insgesamt an einem Spieltag ausgespielt, dazu drei Doppel-Begegnungen. Mit Ausnahme des Auftakts gegen Straubing – da spielten vier Profis und nur Herrmann und Welker die Einzel – wurde das Vorhaben auch realisiert.

27 000 Euro investiert der TC Blau-Weiß Blasewitz in die Damen-Regionalliga. Etwa ein Drittel der Summe, die der Verein für seine Zweitliga-Mannschaft der Männer stemmt. „Das ist unsererseits eine ganz bewusste Entscheidung, dass wir keine weiteren Profis einsetzen“, betont der Rechtsanwalt. Die Tschechin Nikola Horakova (23) wird beispielsweise nur in den Doppeln eingesetzt. Anfang Juni kehrt zudem Sarah-Maria Richter (22) nach abgeschlossenem Studium an der University of Utah nach Dresden zurück. „Gut möglich, dass wir dann mit vier eigenen Talenten in den Einzeln antreten“, sagt Sven Grosse. Bislang ist dieser Spagat auch außerordentlich gut geglückt. Am Sonntag feierten die Dresdnerinnen gegen den TC Amberg am Schanzl ihren dritten Saisonsieg: knapp mit 5:4. Damit dürfte das Minimalziel, der Klassenerhalt, für den aktuellen Tabellenzweiten (6:0 Punkte) bereits unter Dach und Fach sein. „Davon gehen wir aus“, sagte Grosse.

Dass das Zusammenspiel der weitaus erfahreneren Profis und den Dresdner Talenten augenscheinlich so gut klappt, hält der Team-Manager keinesfalls für selbstverständlich. „Es ist ja nicht so, dass unsere Profis nur für den Spieltag anreisen und dann gleich wieder verschwinden. Sondern, wenn keine Turnierverpflichtungen anstehen, trainieren Irina und Ani auch schon mal einige Tage hier – wie vor dem Duell gegen Amberg am Schanzl“, erklärt er. Das fördere den Teamgeist, das Verständnis füreinander – und natürlich werden dadurch auch Anreize gesetzt. „Ich versuche, mit Irina und Ani viel gemeinsam zu trainieren und hole mir da gerne den einen oder anderen Tipp – beispielsweise was taktische Details oder einzelne Schläge betrifft“, sagt Marlene Herrmann, amtierende sächsische Hallen-Landesmeisterin.

„Wir wollen mit dieser Mischung natürlich auch Signale an unsere noch jüngeren Talente senden. Nach dem Motto: Seht her, das ist bei uns möglich“, sagt Sven Grosse. Möglich erscheint nach den ersten drei Spieltagen sogar ein sportlicher Aufstieg in die 2. Bundesliga. „Der käme für unsere Eigengewächse definitiv zu früh“, erklärt der Macher, „die Regionalliga ist dafür genau richtig, hier können sie Erfahrung und Wettbewerbshärte lernen“, sagt Grosse. Dennoch gilt es als unwahrscheinlich, dass der ambitionierte Klub einen Aufstieg ablehnen würde, wenn ihn die Mannschaft sportlich erreichen würde.

Keine Angst vor dem Aufstieg

 

Dann würde der Etat wohl deutlich aufgestockt werden. Auch, um eventuell noch bessere oder mehr Profis aufzustellen. Angst vor dieser sportlichen Zukunftsvision verspüren die Nachwuchs-Spielerinnen wie Marlene Herrmann jedoch nicht. „Natürlich sind die anderen leistungsmäßig noch sehr weit weg für uns. Da fehlt uns auch noch die Erfahrung“, erklärt die Schülerin des Sportgymnasiums Dresden, die gerade in ihren Abiturprüfungen steckt. „Aber es ist nicht so, dass wir ein solches Leistungsniveau nicht ebenfalls erreichen könnten“, betont die gebürtige Hallenserin, die vor drei Jahren wegen der besseren Entwicklungsmöglichkeiten nach Dresden umzog. (mit bec)

 

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