Ist diese Mannschaft zu gut für den Klassenerhalt?

Der Blasewitzer Team-Manager Sven Grosse macht vor dem Finale in der 2. Tennis-Bundesliga eine skurrile Rechnung auf.

von Alexander Hiller Sächsische Zeitung

Die Lage ist prekär und etwas paradox. Nie zuvor hatte der TC Blau-Weiß Blasewitz bessere Einzelspieler für sein Männerteam in der 2. Bundesliga. Und doch spielt die Mannschaft gegen den Abstieg. Nach dem 3:6 vom Freitag beim SC Uttenreuth erkämpften sich die Dresdner am Sonntag einen 5:4-Erfolg gegen Ludwigshafen. Dennoch ist Blasewitz als Achter mit 4:10 Punkten abstiegsbedroht. Team-Manager Sven Grosse erklärt die Situation.

Herr Grosse, Philipp Kohlschreiber hat in Rio erklärt, er wisse nichts über seinen nächsten Gegner – Ihre Nummer eins, den Slowaken Andrej Martin. Können Sie Herrn Kohlschreiber helfen?

Die spielen ja auch noch doppelt gegeneinander. Erst im Doppel und am Montag im Einzel. Von der Papierform her müsste das Kohlschreiber klar gewinnen, ist ja logisch. Wenn man sich die Weltranglistenpositionen anschaut. Aber das muss alles erst gespielt werden. Andrej ist im Moment in einer superguten Form. Man weiß nie. Ich gehe aber davon aus, dass Philipp Kohlschreiber das Duell gewinnt. Schon im eigenen Interesse. Dann hätten wir die Chance, dass Andrej am nächsten Freitag für uns spielt.

Damit sind wir beim nächsten Thema. Bricht es Ihrem Zweitliga-Team derzeit das Genick, dass die Spitzenspieler international so gut unterwegs sind?

Unsere Situation ist ein Mix aus vielen Details. Wir sind in dieser Saison gebeutelt und vom Pech verfolgt. Peter Heller zog sich kurz vor Saisonbeginn eine Handverletzung zu und fällt damit für die komplette Saison aus. Er war für jedes Spiel eingeplant. Dann hat sich Jan Satral, unsere nominelle Nummer zwei, bei einem Turnier in Prag am Rücken verletzt. Andrej Martin bekam eine Wildcard für Rio, weil die slowakische Nummer eins, Martin Klisal abgesagt hat. Und bei Uladzimir Ignatik ist es leider so, dass er seinen Vertrag nicht hält.

Wie das?

Er hat fünf Spiele für uns garantiert – und ist nach dem zweiten Punktspiel nach Prag gefahren und hat dort sicher erwartet, dass er bei einem stark besetzten Challenger-Turnier die zweite Runde nicht übersteht und am Freitag für uns zur Verfügung steht. Er hat auf einmal einen nach dem anderen rausgekegelt, die alle in der Weltrangliste vor ihm standen. Bis zum Finale hin. Und dann hatte er bei zwei Future-Turnieren in der Slowakei gemeldet, die muss er spielen, da die ITF (International Tennis Federation – Weltverband, Anm. d. A.) inzwischen ziemlich rigoros durchgreift und drastische Strafen für Nichtantritt verhängt. Deswegen haben wir im Grunde nicht ein Mal in der Besetzung gespielt, mit der wir antreten wollten.

Können Sie etwas tun, wenn sich ein Spieler nicht an die Vereinbarung hält?

Im Grunde nicht. Wir haben Vertragsstrafen vereinbart. Aber die müsste ich dann zur Not in der Slowakei einklagen. Ob das Sinn macht, ist die Frage.

Planen Sie weiter mit einem Akteur, der sich nicht an den Vertrag hält?

Den Fall hatten wir schon einmal, in der Regionalliga Südost vor vier Jahren. Da haben wir konsequent gesagt: Dieser Spieler tritt nicht mehr für uns an. Ignatik ist aber bis zu dieser Saison die Zuverlässigkeit in Person gewesen. Für mich eine persönliche Enttäuschung, dass er sich nicht an seinen Vertrag hält. Er ist ein beliebter, sehr guter Spieler – ein Punktgarant, den ich persönlich sehr gut leiden kann.

Wie stehen die Chancen, dass Olympionike Andrej Martin am letzten Spieltag diesen Freitag für Blasewitz spielt?

Wir haben mit seinem Manager gesprochen. Wenn Andrej in Rio vor Mittwoch ausscheiden sollte, dann kommt er am Freitag zum Heimspiel gegen Amberg. Aber ich habe auch gelernt, dass man trotzdem vorsichtig sein muss mit dem Gehalt solcher Aussagen.

Also sehen Sie die persönliche Entwicklung Ihrer Profis mit einem lachenden und einem weinenden Auge?

Ich habe das am Sonntag beim Frühstück etwas sarkastisch ausgedrückt: Wenn alles schiefgeht und wir absteigen sollten, dann steigen wir ab, weil unsere Mannschaft zu gut war. Ich hatte gedacht, dass es besser wäre, gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften am Schluss anzutreten. Das entpuppt sich als falsche Annahme.

Sollte sich Andrej Martin unter den Top 100 in der Welt festsetzen, wäre dieser Spieler dann noch finanzierbar für Blasewitz – den Klassenerhalt vorausgesetzt?

Ja, wir haben schon Tarife vereinbart, die auch nach der Weltranglistenposition gestaffelt sind. Das wäre schon darstellbar.

Wie sieht Ihre Prognose für den Saisonausgang aus?

Ich hoffe, dass das Glück wieder zu uns zurückkehrt. Mit dem 5:4-Erfolg über Ludwigshafen haben wir einen großen Schritt gemacht. Dann haben wir am Freitag noch das Heimspiel gegen den derzeitigen Tabellenletzten TC Amberg am Schanzl vor uns. Der Klassenerhalt ist kein aussichtsloses Unterfangen. Wir mussten gegen Ludwigshafen einfach gewinnen, das ist uns zum Glück gelungen.

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